Will you marry me?

wedding_post1.jpg

-english translation below-
-written by martin-

Willst du mich heiraten? – Eine Frage, die in Indien nicht so oft gestellt wird. Doch wonach wird statt dessen gefragt? Im wesentlichen sind es drei Dinge: Kaste, Horoskop und Mitgift. Und dies ist auch die Reihenfolge in der gefragt wird.

Es ist Anfang März – Hochzeitssaison im Süden Indiens. Wir sind gerade in Mysore und haben bereits ein Zugticket zurück nach Badami gebucht, um unsere Kletterprojekte von Ende Jänner abschließen zu können. Da bekommen wir einen Anruf von Madhu, ein indischer Kletterer mit dem wir unsere Zeit in Badami verbrachten. Seine Schwester heiratet und wir werden zu der Hochzeit eingeladen. Somit stornieren wir unser Ticket nach Badami und nehmen statt dessen den Bus nach Kestuhr, um anschließend mit einer Auto-Rikshaw nach Chikkankanahalli weiter zu fahren. Dies ist Madhus Heimatort und liegt doch eher etwas abgeschieden. Es gibt weder eine Einkaufsmöglichkeit noch Restaurants und wie uns Madhus Vater mitteilte, sind wir die ersten Ausländer, die dieser Ort je gesehen hat. Dementsprechend groß war auch das Interesse des Dorfes nach unserer Ankunft. Als Begrüßung wurde uns Chai und ein Teller mit Früchten angeboten. Und als Madhu wenige Minuten später nachkam wurde auch gleich das Mittagessen serviert. Reis mit einem Gemüße Curry und Chapati. Da es der letzte Tag vor der Hochzeit war, gab es noch einiges vorzubereiten, wobei der Großteil der Vorbereitungen Frauensache ist. Als wir ankamen waren gerade zehn Frauen damit beschäftigt 300kg Reis, die für die erwarteten 3000 Gäste benötigt wurden, von Hand aus zu sortieren. Es war bereits der zweite Durchlauf, um auch wirklich alle Steinchen udg. zu entfernen. Lisa, die gleich von allen Frauen ins Herz geschlossen wurde, durfte auch etwas mithelfen. Sie konnte aber nicht ganz mithalten ;) Im Laufe des Nachmittags kamen noch fünf Freunde von Madhu aus Bangalore. Als wir ihn fragten, wo wir denn alle schlafen werden, meinte er, wie werden bei Ihnen auf der Kokusnussplantage zelten. Es wurde ein Abend, der uns mehr als zehn Jahre zurück denken ließ. Auf der Plantage angekommen kletterte Madhu flux auf eine 10m hohe Palme und kam mit 15 Kokusnüssen wieder runter. Diese schmeckten herrlich! Zunächst wird nur ein kleines Loch gemacht, um die Kokusnussmilch zu trinken. Anschließend wird die Kokusnuss in der Mitte geteilt, um auch noch das Fruchtfleisch essen zu können. Als es dunkel wurde machten wir aus alten, trockenen Palmenblättern ein Lagerfeuer und Ravi holte seinen Rucksack hervor. Er hatte Alkohol und Zigaretten besorgt. Die ganze Aktion war aber heimlich. Von den Zigaretten und den Flaschen darf nichts auf den Fotos zu sehen sein – sagten sie, als wir unsere Kamera auspackten. Diese Situation versetzte uns in die Zeit zurück, als wir mit 14 Jahren gleichsam beisammen saßen. Madhu und seine Freunde sind jedoch zwischen 22 und 24 Jahren alt. In Indien ist eben vieles anders, dazu aber mehr in einem späteren Beitrag.Am nächsten Morgen, am ersten Tag der Hochzeit, gab es zunächst noch Frühstück und später ein Mittagessen bei Madhu zu Hause. Dann wurde ein feierliches Vordach aus großen Palmenblättern geflochten und wir wurden während dessen für die Hochzeit eingekleidet. Bei mir war das ganze eher unkompliziert. Ein weißes Hemd und ein weißer Lungi. Fertig. Lisa musste da schon etwas mehr über sich ergehen lassen. Zunächst sollten ihre ¨nackten¨ Unterarme mit je zwölf gläßernen Armreifen bestückt werden. Doch dies wollte nicht ganz gelingen. Nachdem die ersten fünf beim übers Handgelenk schieben zerbrochen sind, wurde ihre Hand mit Öl eingerieben. Eine Frau hat Lisas Hand zusammen gedrückt und eine weitere versuchte den Armreif darüber zu schieben. Für die zehn Stück die sie schlussendlich am Arm hatte, lagen auch nur 15 kaputte am Boden. Der linke Arm war somit fertig. Das rechte Handgelenk war aber noch ums Kennen größer und auch mit Öl und aller Kraft wollte kein Armreif sich fügen. Um den Arm aber nicht ganz nackt zu belassen, durfte sie eine kleine goldene Uhr anziehen. Für die Zeremonie ansich wurde Lisa mit einem klassischen gelben Sari eingekleidet. Dazu wurde ihr zunächst ein Unterrock und ein Choli (bauchfreie, kurzärmelige Bluse) angelegt. Darüber wird nun der Sari, ein sechs Meter langes und besticktes Seidentuch, gebunden. Die ganze Prozedur dauerte ca. 40 Minuten. Im Anschluss daran wurden ihre Haare glatt gekämmt, den Locken sind hier eher eine Seltenheit. Und sie wurde natürlich geschminkt. Zunächst wurde eine dicke Schicht weißes Puder aufgetragen, dann ihre Augenbrauen nachgezogen und ein Bindi auf ihre Stirn gesetzt. Selten habe ich sie so ¨schön¨ gesehen. Bei mir war das ganze etwas unkomplizerter. Fünf Minuten vor Abfahrt tauschte ich mein T-Shirt gegen das weiße Hemd und band mir den Lungi (fünf Meter langes Baumwoll Tuch) um. In einer Minute war das ganze erledigt. Und wir fuhren alle gemeinsam zur Hochzeit.

Vier Monate vor der Hochzeit. Die Eltern des Bräutigams kommen zum Tempel des Dorfers Chikkankanahalli und fragen den Pujari (Hindu Priester) ob es denn Frauen im heiratsfähigen Alter gibt. Dieser verweißt sie an die Eltern von Madhu. Nachdem die Kaste übereinstimmt, kann das Horoskop des Brautpaares erstellt und geprüft werden. Es passt ebenfalls und damit stand der Hochzeit ansich nichts mehr im Weg. Nach einem Kennenlernen der Eltern, mussten sich die Väter nur noch über die Mitgift einig werden. Und auch dies gelang. Man einigte sich auf 100g Gold und ein Motorrad, die der Brautvater an die Familie des Bräutigams zu übergeben hat.

Die Hochzeit. Als wir gegen 19:00 in dem 3000 Personen fassenden Saal ankamen, waren wir schneller wieder draußen als gedacht. Denn bei diesem, erstem Teil der Hochzeitszeremonie wird lediglich das Brautpaar beglückwünscht, ein Foto mit diesem gemacht und im Anschluss daran großzügig zu Abend gegessen. Nur eine Stunde später sitzen wir schon wieder im Auto zurück zu Madhus Haus. Die Trauung selbst findet erst am nächsten Morgen statt. Es gab zunächst getrennt Geschenke für Braut und Bräutigam. Für die Braut im Saal, für den Bräutigam im Freien. Dann wurde der Bräutigam von den Eltern der Braut in den Saal geführt. Ihnen voran schritten fünf Trompetenspieler, die sie festlich in dem gefüllten Saal ankündigten. Die Braut wartete bereits am Altar und hat eine 30 minütige Segnung des Priesters hinter sich. Wenn der Bräutigam den Altar erreicht hat, folgt die eigentliche Trauung. An deren Ende wird das Brautpaar nochmals vom Prister und den Eltern gesegnet und sie sind verheiratet. Jetzt werden sie nur mehr von allen anwesenden Gästen gesegnet ( ~3000), bevor die Zeremonie beendet ist und alle nacheinander zum Mittagessen, in dem im Erdgeschoss liegendem Speisesaal, übergehen.
Die Braut zieht noch am selben Tag zum Bräutigam, den sie mehrere Tage vor der Hochzeit das erste mal gesehen hat.

Hier gibts die Bilder zur Hochzeit.

wedding_post2.jpg

Will you marry me? – A very rare question for India. But what do they ask instead? There actually three questions: about the caste, the horoscope and the dowry. And this is also the order they are asked.It is early March – wedding season in the south of India. We are currently in Mysore and have a train ticket to Badami in our pockets, to go back and finish our climbing projects from January. But then we get a call from Madhu, an indian climber with whom we spent our time in Badami. His sisters wedding is coming up soon and we are invited. After the call we head back to the railway station, cancel the ticket to Badami and take a bus to Kesthur and a auto-rikshaw to Chikkankanahalli instead. This is Madhus hometown and is more or less isolated. There is neither a shopping possibility nor a restaurant and as Madhus father told us, this village has never seen foreigners before us. Thus we were quiet an attraction. As a warm welcome we got offered a chai and a plate of fruits. Shortly after, when Madhu arrived, lunch was ready. Rice with a delicious vegetable curry and chapati.
It was the last day before the wedding, but still many things to do. And those things are mostly womens business. When we arrived at Madhus house ten women were picking out stones and dirt of 300kg of rice by hand. It was already the second run, to be sure, non of the expected 3000 guests get served anything else than rice. Lisa, who all women have taken to their heart instantly, was asked to help them. But she was not able to keep up ;)
As the afternoon progresses five more friends of Madhu arrived from Bangalore. Wondering where all his friends and the two of us will spend the night, Madhu answered, that we will all together camp at their coconut plantation. That night felt like a time travell of more than ten years into our past. Around 5pm we went to the plantation and Madhu climbed up a palm tree, to return with 15 coconuts. They tasted delicious! First, only a small hole is made, to drink the coconut milk. Secondly, the coconut is split in the middle, to eat the pulp. As it was getting dark, we made a fire using old and dry palm leaves, while Ravi got his backpack. It was filled with beer, rum and cigarettes. Later, when we took some pictures, we had to make sure, that neither the alcohol nor the cigarettes will appear on them. This whole situation was very familiar to us, as we did the same, when we were about 14 years old. Tough Madhu and his friends are 22 to 24 years old.

On the next day we first had breakfast and lunch at Madhus house. After lunch a ceremonial porch was braided out of palm leaves and we were dressed up for the wedding. For me it was rather simple. A withe shirt and a white Lungi. Thats it. For Lisa it was quiet a procedure. At first her ¨naked¨ forearms should have been covered by twelve bracelets made of glass. But it did not work out as they expected. After breaking five bracelets, Lisas Hand was rubbed in oil. Then one women squashed her hand, while another one pushed the bracelets over it. Some painful minutes later, she had ten bracelets on her arm and only 15 laid broken on the floor. Now the right arm was next. But even slightly bigger then the left one, not even one bracelet fitted. To have at least something on her right arm, she got a small golden watch. For the wedding ceremony she got to wear a yellow sari. For a sari one wears a petticoat and a choli and the sari on top of it. The entire procedure took about 40 minutes. Finally only her hair and makeup was left. She got a lot of white powder on her face and a bindi on her forehead. I did not see her that ¨beautiful¨ ever. Five minutes before we left to the wedding, I changed my t-shirt to the white shirt and put on the lungi.

Four months before the wedding. The parents of the groom came to the temple of Chikkankanahalli and asked the Pujari (Hindu priest), if there are any women of marriageable age in town. The Pujari refered them to the parents of Madhu. As the cast matched, the horoscope of the wedding couple was revised. It matched as well. After the parents got to know each other, it was up to the fathers to agree on the dowry. They settled on 100g of gold and a motorbike, which is passed on to the family of the groom, by the father of the bride.

The wedding. We arrived around 7pm at the 3000 people sized hall and we were back out way sooner than we expected. Because at this, first part of the wedding one only congratulates the couple, takes a pictures with them and enjoys a generous dinner. One hour after arriving we are already on our way back to Madhus house. The marriage ceremony itself takes place in the morning of the second day. At the beginning the bride and the groom get presents separately. For the bride in the hall and for the groom infornt of the hall. Then the groom is walked into the hall by the parents of the bride. Led by five trumpeters, who ceremoniously announce them. The bride is already waiting at the altar. When the groom arrives at the alter the main ceremony takes place and ends with one more blessing by the priest and their parents. From this point on they are married. But they have to remain at the altar until all 3000 present have given their blessing too. One by one everybody blesses them and is going downstairs, to the dining hall, to have lunch.
On the same day the bride moves to the grooms house, who she has seen for the first time only a couple of days before the wedding.

Here you find the pictures of the wedding.

  6 comments for “Will you marry me?

  1. Lisa Schulze
    March 22, 2015 at 4:42 pm

    ur schön wie ausführlich ihr das schreibt… kann man sich gut vorstellen :)
    Wurdet ihr auch gefragt ob ihr verheiratet seid? Wie waren die Reaktionen??
    Alles Liebe zu euch :) Lisa
    P.S.: falls ihr mal ne radreisende Frau trefft die durch Pakistan und/oder Iran geradelt ist, könnt ihr mir ne Email adresse für Erfahrungsaustausch schicken. Für meine Mom warad’s ;) Das wäre fein :))

    • March 25, 2015 at 5:27 am

      hallo lisa! ob wir verheiratet sind, ist eine Frage mit der wir ständig konfrontiert werden…da es mit der Zeit echt mühsam ist zu erklären, warum wir noch nicht verheiratet sind, sind wir in Indien bereits seit 2 Jahren verheiratet. :)

  2. Manuela
    March 22, 2015 at 5:20 pm

    Richtig schön geschrieben… :-) glg Manu

  3. Gerda Fuchslueger
    March 23, 2015 at 7:26 pm

    Hallo Ihr Beide,

    Der erste Gedanke, als ich den Titel gelegen habe: Haben die jetzt in der Ferne geheiratet! Doch dann las ich weiter und ….
    Alles Liebe
    Gerda

    • March 25, 2015 at 5:28 am

      das war auch Martins Hintergedanke :) bussi

Leave a Reply to lisacancola Cancel reply

Your email address will not be published.